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Sengende Sonne und ergiebige Schauer

Bühlertäler Triathlet Jörg Lindner suchte Herausforderung bei Extrem-Radrennen

Bühlertal (afr). Einer besonderen Herausforderung stellte sich Triathlet Jörg Lindner vom RSV Falkenfels Bühlertal. Normalerweise ist der Ausdauersportler ja in drei Disziplinen zu Hause, doch als Spezialist für extreme Rad-Kriterien suchte er nun zum dritten Mal die Herausforderung der 1230 Kilometer langen Tour Paris-Brest-Paris. Im Jahr 1891 gingen unentwegte Sportsmänner zum ersten Mal auf die Strecke, das Rennen startete dann nur alle zehn Jahre. Heute führt die 1230 Kilometer messende Herausforderung alle vier Jahre über fast die gleichen Route wie 1891.

Für alle Teilnehmer stehen von April bis Ende Mai stressige Qualifikationsrennen an. 200, 300, 400 und 600 Kilometer müssen in vor geschriebene Zeiten absolviert werden. 5 200 Interessenten erhielten einen Startplatz, ein Viertel von ihnen sollte das Ziel nicht erreichen. Doch ein Rennen im klassischen Sinn ist Paris-Brest-Paris (PBP) für die meisten Radfahrer nicht. Es ist eine persönliche Herausforderung, die riesige Distanz in den erlaubten 90 Stunden Maximalzeit zu schaffen.

Lindner, der als Fitnesstrainer in Baden-Baden arbeitet, nahm am 21. August um 18 Uhr bei warmen Temperaturen die Strecke in Angriff. Die Kontrollstationen sind in der Regel 80 bis 90 Kilometer entfernt und finden sich in Schulen. Dort gibt es rund um die Uhr warme Mahlzeiten und Übernachtungsmöglichkeiten. Da die Ruhezeiten auf das Limit angerechnet werden, hielt Lindner die Schlafphasen so gering wie möglich, gönnte sich nur vier Stunden und 20 Minuten insgesamt. Gerade in der Nacht wirkte sich die Müdigkeit besonders negativ aus, wenn es darum ging, die Orientierung zu behalten und auf schlechten Straßen nicht zu stürzen.

Ständige Wechsel von Regen, kühlen Temperaturen und starker Hitze zehrten zusätzlich an den Kräften. Obwohl Jörg Lindner in der heißen Trainingsphase mit Sitzproblemen zu kämpfen hatte, und er sich alternative Trainingseinheiten suchen musste, trotzte er allen Widrigkeiten und belohnte sich am 24. August um 15.23 Uhr mit einer persönlichen Bestzeit von 69 Stunden und 23 Minuten. Rund 22 000 Kilokalorien dürfte Lindner verbraucht haben, was auch bei der Versorgung mit Nahrung ein Balanceakt ist. Jeder Sportler muss da seine eigene Mischung finden, denn nicht jeder Magen reagiert gleich auf gewisse Lebensmittel bei solchen Belastungen. Hier macht sich langjährige Erfahrung bezahlt.

Ob Lindner auch in vier Jahren wieder am Start steht, lässt der Familienvater noch offen, denn die Belastung der Familie durch das intensive Training ist schon erheblich.


Jörg Linder www.aktiv-training.de info@aktiv-training.de Baden-Baden, 29.08.2007

Paris-Brest-Paris 2011

Kurzinfos PBP 2011:

1230 km (9 000 Höhenmeter)
Zeitlimit: Maximal 90 Stunden
Termin: 21.-25. August 2007

Teilnehmerzahl:

5200 eingeschriebene Starter
davon 450 Deutsche (zweitstärkste Nation)

Wetter:

21.08.: sehr heiß; nachts nur auf 16 Grad „abgekühlt“ – bin die ganze erste Nacht im kurzen Trikot gefahren.
22.08.: zunächst warm, dann bewölkt und regenerisch,
23.08.: relativ warm, immer mal wieder regnerisch; bei bewölktem Himmel etwa 20Grad
24.08.: Nachts kühl, tagsüber bewölkt und kühl, wenn die Sonne durchkam heiß.

Temperaturen:

zwischen 10 – 34 Grad C (am ersten Tag)

Strecke:

Paris-Guyancourt – Mortagne-au-Perche – Villaines-La-Juhel – Fougeres – Tinteniac – Loudeac – Carhaix-Plouguer – Brest und retour den gleichen Weg bis Mortagne-au-Perche dann zusätzlich Dreux und von dort nach Paris-Guyancourt

17. Ausgabe:

aktuell im 4-Jahres-Rhythmus

Erstausgabe:

1891. Neben den Amateuren nahmen bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg auch Radprofis an Paris-Brest-Paris teil.

Infos zu Paris-Brest-Paris:

in meinem privaten Blog: www.parisbrestparis.wordpress.com
auf der offiziellen Website: www.paris-brest-paris.org
Audax Randonneurs Allemagne: www.audax-randonneure.de
www.parisbrestparis.tv

Kurzinfos Jörg Linder:

Dritte Teilnahme an PBP
Verein: RSV Tria Bühlertal
Start: Sonntag, 21.08. – 18.00 Uhr
Ziel: Donnerstag, 24.08. – 15.23Uhr
Gesamtdauer: 69h23Min (brutto) – Persönliche Bestzeit
Gesamtdauer Nettofahrzeit: 54 Std. 20 Min.
Startnummer: 5000
Schlaf: 4 mal: – Gesamt: 4 Stunden 20 Min. 1 mal 90 Minuten (Brest: 21.08. auf 22.08.) 1 mal 2,5 Stunden Villaines-la-Juhel – 23.08. auf 24.08.); 2 mal für 10 Minuten auf einer Bank bzw. unter einem Baum

Geschätzer Energieverbrauch: ähnlich wie 2007: 20.000 – 22.000 kcal
Mahlzeiten: 2 warme Mahlzeiten; 2 Kuchen; 3 Nachtische / Milchspeisen; 2 Joghurt; 1 Energiegel; 2mal Apfelmus; 5 Energieriegel; 1 Tüte Gummibären, 11 Sandwich (in der Regel Sandwich-au-jambon); 9 Cola; 3 Kaffee; 4 hartgekochte Eier; 3 Salat; 2 Stück Melone, 2 Bananen, 2 Croissants, Trockenobst: Rosinen 200 Gramm; getrocknete Apfelringe (400 Gramm); Apfelriegel 3 Stück; Aprikosenschnitten 3 Stück, Mandelriegel 3 Stück; 6 alkoholfreie Biere (250ml);
dazu: 2 Liter Wasser-Tee-Gemisch mit Schmelzflocken und ca. 15 Liter Mineraldrink (relativ stark verdünnt) und Wasser.
und direkt vor dem Start: 1 Portion Pasta; 3 Honigwaffeln; 3 Handvoll Walnüsse; 2 Schinkenbaguette, 2 Bananen.

Grundsätzlich habe ich das Trockenobst und das Tee-Wasser-Schmelzflocken- Gemisch neu ins Programm aufgenommen und bin damit sehr zufrieden. Mit dem neuen von mir gewählten Mineraldrinks bin ich auch sehr zufrieden (bis auf eines, und das war zum Schluss fast noch komplett übrig). (Wenn´s interessiert: Ich nehme jetzt die Mineraldrinks von Ultrasports, – die synthetischen Anteile sind dabei grundsätzlich reduziert bzw. eliminiert). – Mineraldrinks für unterwegs sind aber eine rein subjektive Entscheidung.

Training in 2011:

Radtraining
Winter und Frühjahr: eher frequenzorientiert und viel auf Ergometer (ermöglichte später ein Training nach Wattvorgaben – und vor allem ermöglichte mir der Einsatz des Ergometers die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Sport – sonst hätte ich mich nicht einmal qualifizieren können). Bei Ergometertraining: ergänzt mit einbeinigem Training, zur Verbesserung der Ökonomie.

4 Qualifikations-Brevets über 200, 300; 400, 600km (April – Ende Mai);

von Mitte Juni bis Mitte August: zusätzliches Grundlagentraining immer ohne Essen, nur mit Wasser – 1 – 2 mal in der Woche – 90 – 180 Minuten.

180km-Testfahrt Mitte Juli

Juli/August: Hügel- und Bergintervalle; ausschließlich Kraftausdauerorientiert – Im August zusätzlich intensives Intervalltraining

Gesamt-KM bis 20.08.2011: 76OO km Rad und Ergometer (die Ergometerwerte sind umgerechnet auf realitätsnahe Radkilomelter – abhängig von Trainingsintensität);

Zusätzlich und ergänzend: Lauftraining – 1000 km (viele Bergaufläufe und Läufe in relativ schnellem Tempo im flachen Gelände über 5 – 7km); Krafttraining / vor allem Kettlelbelltraining 3- 4 mal pro Woche; Rücken- und Rumpftraining / Functional Training – jeden zweiten Tag; Vibrationstraining: 2 mal pro Woche. Seilspringen: 3 mal pro Woche.
Zusätzlich (aber selten): Triathlon und Schwimmen.

Prolog: Die legendäre Radfernfahrt Paris-Brest-Paris (P-B-P) findet alle vier Jahre statt und zwar auf historischer Strecke. Schon die Erstausgabe 1891 – damals fand P-B-P nur alle 10 Jahre statt – war praktisch identisch mit dem heutigen Streckenverlauf. Die damaligen Veranstalter – eine Sportzeitung – hatte schon 12 Jahre vor den Tour de France-Veranstaltern die Idee eines extremen Radrennens, um die Möglichkeiten des Fahrrades und der menschlichen Leistungsfähigkeit zu demonstrieren.

Die aktuellen Ausgaben der letzten Jahre sind für den Großteil der Teilnehmer kein Rennen im klassischen Sinne, sondern eine eher persönliche Herausforderung – nämlich die gigantische Distanz im vorgegebenen Zeitlimit von maximal 90 Stunden zu schaffen. Ein geringerer Teil startet um möglichst schnell zu fahren – auch hier ist aber eher die Orientierung an persönlichen Zeit- und Zielvorgaben maßgebend als der – evtl. – sportliche Gegner.

Ein sehr geringer Prozentsatz der Teilnehmer startet, um auf eine Spitzenplatzierung zu fahren oder um sich auf andere Ultramarathonrennen (zum Beispiel dem RaceAcrossAmerica) vorzubereiten oder sich zu qualifizieren.

Mythos Paris-Brest-Paris

PBP ist Kult und Legende für Langstreckensportler. Man braucht ein Faible für die Langstrecke. Und natürlich für´s Radfahren. Schon die Qualifikation ist schweißtreibend und unter Umständen nervenaufreibend. Man muss sich im aktuellen Jahr über vier verschiedene Strecken (200km; 300km; 400km; 600km) in einem jeweils bestimmten Zeitlimit qualifizieren. Für die 600km sind das z.B. 40 Stunden brutto.

Rahmenbedingungen PBP 2011

Die Rahmenbedingungen sind wie 2007: Das Streckenprofil ist hügelig und wellig, der Straßenbelag ist teilweise sehr rau. Gesamthöhenmeter 9.000 HM (also einmal Mount Everest)– Verteilt auf Hunderte von Hügeln und einen einzigen wirklichen Berg, der der den Namen Berg (Roc Trevezel – zwischen Carhaix und Brest) verdient. Der Frauenteil bei Langstreckenrennen wie PBP ist im allgemeinen hoch – ca. 7-8% der Starter sind Frauen. – Dieses Jahr dürften es allerdings nur etwa 5% gewesen sein. (die genauen Zahlen und auch evtl. Zeitstrafen sind alle noch nicht online)

Die Kontrollstationen sind in der Regel 80 – 90 km voneinander entfernt in Schulen. Dort gibt es rund um die Uhr warme Mahlzeiten, anderes Essen und Trinken und jeder hat die Möglichkeit dort zu schlafen. Der Weckdienst weckt den Teilnehmer dann zur vereinbarten Zeit.

An den Stationen geht man zuerst über eine Zeitmessmatte, dort wird der Zeitmesschip automatisch registriert (dieses System war 2011 zum ersten Mal im Einsatz), dann wird das Streckenbuch gestempelt. – Die Daten meines Zeitmesschips habe ich am Ende des Berichts veröffentlicht.

Start in Paris

Paris-Guyancoourt – über Mortagne-au-Perche – Villaines-la-Juhel – Fougeres – Tinteniac:

Bei mir lief es bis Villaines-La-Juhel sehr gut (Parrtnerstadt von Bad Liebenzell). – Ab dort fuhren wir zu zweit weiter bzw. es gesellte sich bis Fougeres und Tinteniac immer jemand dazu.

Tinteniac – Loudeac – Carhaix-Plouguer:

Ab Tinteniac mitten in der Bretagne wurde es zusehends hügeliger, es gab weniger langgezogene Wellen. – Seit Tinteniac führ ich alleine weiter (was bis zum Schluss im großen und ganze so blieb). Meine Taktik war ein gemäßigtes Tempo zu fahren, aber dafür immer ganz kurze Pausen zu machen und die Gesamtpausenzeit auf unter 15 Stunden zu halten. Und jetzt waren mit die Pausen einfach zu lange geworden……Diese Taktik hatte ich mir vor allem deswegen zurecht gelegt, weil von Mitte Juni bis Mitte Juli wegen Sitzproblemen sehr viel Radtraining ausfallen musste. Ich habe das dann verstärkt kompensiert mit Bergaufläufen und zusätzlichem Krafttraining mit Freihanteln und Kettlebells. – Mit dem vielen ausgefallenen Radtraining konnte ich einfach nicht schneller fallen, sondern musste über die Pausengestaltung versuchen Zeit zu gewinnen. – Das führte auch dazu, dass ich 5 meiner Sandwiches komplett auf dem Rad aß.

Kurz vor Carhaix-Plouguer kam mir die Spitzengruppe auf ihrem Rückweg entgegen. Die Spitzengruppe war zu diesem Zeitpunkt noch sehr groß (etwa 30 Personen). Sie waren 2 Stunden vor mir gestartet und waren jetzt etwa 300km vor mir. – Ich klatschte ihnen zu – immerhin schauten einige kurz rüber zu mir.

Carhaix-Plouguer – Brest:

Es lief zwar nicht rund, aber dieser Abschnitt lief besser als 2007 – Ich kam gegen 22.30 Uhr in Brest an – und zwar nass, weil es auf der Abfahrt schön geregnet hatte, und musste mich an der neuen Kontrollstelle ersteinmal orientieren. – Ich wollte gleich schlafen, allerdings waren die Betten belegt und es hatte sich schon eine Schlange gebildet. Na ja, anstehen, ist nun wirklich nichts für mich, also legte ich mich im riesiegen Eßsaal hin – einer Art Riesenturnhalle mit etwa 30 m Höhe. Dort zog es wie Hechtsuppe. Also alle nassen Sachen ausziehen und alle trockenen Sachen anziehen. – Das hatte leider zu Folge, dass ich meine nassen Kompressionssstümpfe nicht mehr anziehen konnte. Bis dahin hatten Sie mir gute Dienste geleistet. Jetzt hieß es: Verstärkt Fußgymnastik machen, während dem Radfahren. –

Brest – Carhaix-Plouguer – Loudeac :

Nach 90 Minuten Schlaf fuhr ich weiter etwas chaotisch aus Brest hinaus. – Auf der Landstraße im Dunkeln angekommen stellte ich mal wieder fest, wie stockdunkel es dort draußen im Westen ist. – Die langgezogene auffahrt zum Roc Trevezel zog sich in tiefster Nacht elend lange hin – ich legte mich unterwegs nochmal 10 Minuten hin. – Es war so dunkel, dass ich den Gipfel nur deswegen bemerkt habe, weil wir plötzlich länger Bergabfuhren und zwar mehr oder weniger direkt nach Carhaix-Plouguer. Diesen Ort taufte ich für mich neu um in: Cahaix-Plage (Betonung auf „e“ am Ende). Gegen 07.00 Uhr kam ich dort an – es dämmerte gerade mal ganz leicht und frühstückte kurz. Vor allem der französische Kaffee hatte es mir angetan.
Dann machte ich mich direkt wieder auf die Socken Richtung Loudeac, über teilweise sehr groben Straßenbelag und traf unterwegs immer mal wieder zwei Deutsche. Wir fuhren öfter zusammen und trennten uns wieder 300km vor dem Ziel in Fougeres.

Loudeac – Tinteniac – Fougeres :

Ich fuhr sehr langsam und wurde im Prinzip ständig überholt. – Ich widerstand aber der Versuchung längere Pausen zu machen, im Gegenteil ich kürzte die Pausen noch mehr, vor allem deswegen als ich merkte, dass ich zu 80% immer wieder von den gleichen Leuten überholt wurden, die anschließend irgendwo hielten und was aßen. – Ich wollte noch so viel wie möglich im Tageslicht fahren, vor allem als ich am hellichten Tage kurz vor Tinteniac einen regelrechten Aussetzer hatte: Ich wusste plötzlich nicht mehr, ob ich schon an der Kontrolle in Tinteniac gewesen war, oder nicht. – Als mir dann einfiel, dass ich einfach im Streckenbuch nachschauen konnte, nach dem Stempel kam auch schon das Ortsschild von Tinteniac. Dort halfen dann nur zwei Dosen Cola und ein Baguette. – Bis Fougeres lief es dann wieder ganz gut und wir fuhren die letzten Kilometer auch wieder zu dritt.

Fougeres – Villaines-la-Juhel:

Nach nur 10 Minuten fuhr ich langsam weiter, um mich geplant von einem Deutschen einholen zu lassen. Nach knapp einer Stunde war er allerdings immer noch nicht in Sicht und auf einer Kuppe, machte ich Pause und Fußgymnastik. – Plötzlich kam Manfred angeradelt – 2 Stunden vor mir gestartet und in ursprünglich in deutlich besserer Form. Beide waren wir etwas verblüfft, fuhren aber gleich zusammen weiter. – Bei ihm sei des bisher nicht so gut gelaufen, er hatte kaum etwas essen können am ersten Tag und ist seitdem nur mit halber Kraft unterwegs. Mit Manfred ist das Radfahren angenehm – gutes Tempo, nicht zu schnell, nicht zu langsam . Bis zum Einbruch der Dunkelheit fuhren wir zusammen. Mit dem Einbruch der Dunkelheit fielen mir plötzlich die Augen zu. – Ich machte etwa 5 Minuten Pause, er fuhr weiter. – Dann kamen ein paar Franzosen, den fuhr ich einfach hinterher. Unterwegs kamen mir allerdings Zweifel und ich vergewisserte zweimal bei Passanten, ob ich auf dem richtigen Weg bin. – Als von hinten ein schneller Fahrer angeschossen kam, fuhr ich ihm für 20 Minuten hinterher. Meiner Ansicht nach fuhren wir allerdings immer im Kreis. Ich hatte in dieser Dunkelheit überhaupt keine Orientierung. Plötzlich fuhren wir an klatschenden Leuten vorbei ich fragte im Vorbeifahren, wieviele Kilometer es noch nach Villaines seien und sie schrieen begeistert zurück: „16! Seulement 16.“ (Nur 16km). Das haute mich allerdings fast vom Rad – ich wollte ins Bett. Punkt. – Plötzlich sah ich Manfred. Immerhin. Wir fuhren zusammen weiter, eine Ewigkeit wie mir schien. Dann fragte ich wieder Passanten, wieviele Kilometer es noch seien. Die meinten noch 11. Ich hatte echt das Gefühl, ich komme da nie mehr an, bis wir plötzlich durch einen Ort fuhren. Das musste es sein. Jaa. Dann riefen die Zuschauer : „5 kilometres a Villaines.“ – Das war zuviel. Ich bremste vor der Telefonzelle und ging erstmal rein (mittlerweile war es schon recht frisch geworden.)- Manfred meinte ich solle fragen, ob ich einen Kaffee bekomme. Also bin ich hin, der letzte Kaffee war aber schon weg, aber „der Chef“ ließ mir in seinen Privatgemächern einen Kaffee kochen. Sehr nett. Wir unterhielten uns auf Französich-Deutsch-Kauderwelsch und waren wohl ein Teil der Attraktion für diesen Tag. – Nach 5 weiteren km kamen wir dann endlich in Villainenes-la-juhel an. – Mittlerweile war es 23.43 Uhr und es war noch der 23.08. – Manfred fuhr weiter, wir verabschideten uns und ich ging direkt 2,5 Stunden auf die Schlafmatratze.

Villaines-la-Juhel – Mortagne-au-Perche – Dreux:

Nur noch 221 km bis zum Ziel. – Ich schickte meiner Frau und unseren Kindern eine SMS mit der frohen Kunde. – Nebenbei aß ich eine Riesenportion Spaghetti-Bolognese, Brot, 2 Bananen, trank ein alkoholfreies Bier und ein Riesenpott Kaffee.

Und los ging´s wieder gegen 3.30 Uhr in die tiefe Nacht. – Die ersten 20 Minuten rollten allerdings gar nicht. Trotzdem war der Schlaf vernünftig und – wie heißt es so schön – alternativlos.

Mit dem Sonnenaufbruch kam ich in Mortagne-au-Perche an. Hier war noch sehr wenig los. Ich gesellte mich beim Essen zu drei Deutschen und wir unterhielten uns ganz nett und sympathisch. – Nach und nach fuhr jeder für sich weiter und es kamen endlich auch wieder langgezogene Bodenwellen. Da konnte man sich wenigstens darauf einstellen. Kurz vor Dreux rechnete ich meine Zielankunftszeit hoch und stellte fest, dass es mit einer erneuten kurzen Pause reichen könnte unter 70 Stunden anzukommen. Als ich um 11.56 Uhr durch die Kontrolle lief – mit Applaus begrüßt wie jeder andere dort (das ist sehr angenehm, vielen Dank!) – , hatte ich noch genau 4 Stunden Zeit um dieses Ziel zu erreichen. – Theoretisch möglich, praktisch eigentlich auch, es sind ja nur 65 km. Allerdings hatte ich vor 4 Jahren auf der letzten Etappe von Dreux nach Paris einen granatenmäßigen Einbruch und ich hatte 5 komplette Stunden benötigt. U.a. sind etwa 25 km vor Paris noch 3 giftige Hügel zu bewältigen.

Dreux – Paris:

Natürlich hatte mich jetzt der Ehrgeiz gepackt, aber trotzdem konnte ich nicht richtig schnell fahren. Aber ich blieb am Ball. Einfach immer weiter Richtung Ziel. Über lange Geraden mit relativ schlechtem Straßenbelag. Bis zum ersten giftigen Anstieg. Ich fuhr einfach im Sitzen hoch. Vor 4 Jahren bin ich dort im Stehen gefahren, den zweiten musste ich schieben. Der zweite Anstieg ging diese Mal auch einigermaßen, der dritte ist mir sehr schwer gefallen, aber jetzt waren es nur noch knapp 20 km. Jaaa! Jetzt kam die Euphorie und ich fuhr zügig zum ersten Countdwon-Schild: „Arriveè a 15km!“ – Ich ballte die Faust. Selbst mit einer Radpanne, würde es reichen für unter 70 Stunden. – Bei km 10 vor dem Ziel machte ich noch eine Pinkelpause und sendete eine SMS, dass ich gleich komme. Noch 5 km. Noch 2 km. – Und da der Kreisverkehr und das Ziel. Und unter 70 Stunden. 3,5 Stunden besser als 2007 und 14,5 Stunden besser als 2003. Und im großen und ganzen alleine gefahren.

Paris-Brest-Paris ist in vieler Hinsicht spektakulär – allerdings gehört die Zieleinfahrt nicht dazu. Kreisverkehr – dann zu einem Stück Ausleitung, dort stehen etwa 80 Leuten und klatschen, dann rattert man über einen Feldweg und die Zeitmessmatte und plötzlich ist Paris-Brest-Paris vorbei. – Und mir ging es relativ gut. – Ich machte mich auch gleich auf Familie und Auto zu suchen und zu finden und etwa Stunde später waren wir schon auf der Heimfahrt.

Fazit:

Für mich ist es sehr gut gelaufen – für die Vorbereitung und das Training im Vorfeld fast das Optimum. Die Zeit unter 70 Stunden ist sehr befriedigend. Ich hoffe, ich bleibe ohne Zeitstrafe, offensichtlich gab es davon einige, ohne das man direkt von Referees angesprochen wurde (wie es etwa in einem Triathlon üblich ist). Zeitstrafen kann es z.B. geben, wenn man an einem Stoppschild nicht vollständig anhält.


Hier die Daten meines Zeitmesschips: – von: www.paris-brest-paris.org
Startnummer: 5000 / Suivi des participants / track your riders

Die kumulierte Zeit ist die interessierende Brutto-Zeit. – Die Spalte intermediaire ist eigentlich mehr rechnerische Spielerei – aber man kann sehen wo ich geschlafen habe (in Brest und in Villaines)